Über Helleborus

Tipps zu Pflege und Vermehrung

Keimverhalten und Samentausch

Helleborus-Freunden ist bekannt, daß sich die besten Keimergebnisse von Helleborus-Hybriden bei sofortiger Aussaat nach der Samenreife erzielen lassen.

Marlene Ahlburg schreibt:
»Am besten sät man sofort nach der Ernte in tiefe Tontöpfe, die nur zur Hälfte mit Erde gefüllt sind. Man benötigt kein besonderes Aussatsubstrat, wenn die Erde, in der die erwachsenen Pflanzen stehen, nicht zu grob ist. Man legt die Körner auf die Erde, denn Helleborus sind Lichtkeimer, zumindest stört sie das Licht nicht, und es ist praktisch, weil die Samen so beobachtet werden können. Man wählt recht tiefe Töpfe, weil die Sämlinge schnell sehr lange Wurzeln bilden.
Die Töpfe mit den Samen werden dann an einen schattigen Platz eingesenkt, aber so, daß ihr Rand aus der Erde herausragt, und bei Dauertrockenheit wird dafür gesorgt, daß die Erde darunter nicht austrocknet. Ansonsten überläßt man sie dem Wetter.
Sobald das Laub fällt, bedeckt man die Samen damit, streut aber vorher gegebenenfalls Schneckenkorn hinein, ebenso um die Töpfe herum« (1).
Mit der empfohlenen Abdeckung mit Eichen- oder Birkenlaub ergibt sich wohl ein Klima bezüglich Wärme und Luftfeuchtigkeit, das den natürlichen Verhältnissen bei der Keimung am Wildstandort nahekommt. Ich decke die Töpfe - es müssen nicht unbedingt
Tontöpfe sein, ich benutze hohe Rosen-Container - mit Drahtgeflecht ab, um die Vögel und andere Tiere vom Scharren abzuhalten. Mit dieser Methode habe ich sehr gute Ergebnisse erzielt. Doch was passiert, wenn man später, oder sehr viel später, im Herbst oder Winter, das Saatgut erhält?
Dieser Frage ist Thomas Seltmann (2) in seiner Diplomarbeit (unter Prof. Dr. Bernd Hertle, Institut für Stauden und Gehölze der Fachhochschule Weihenstephan) nachgegangen.

Die Fragestellungen seiner Arbeit waren:

»1. Welchen Einfluß hat der Zeitpunkt der Saatguternte auf das Keimergebnis und die Keimzeit von Helleborus-Hybriden?

2. Bewirken unterschiedliche Gibberellinen-Konzentrationen ein besseres Auflaufergebnis?

3. Beeinflußt ein Wärme-Kältereiz-Verfahren die Keimung der Samen?«

Die Ergebnisse seiner Arbeit zusammengefaßt ergaben (zitiert aus dem Artikel):

»Der Reifegrad des Saatgutes ist für das Keimergebnis der Helleborus-Hybriden von entscheidender Bedeutung. Die ideale Reife haben die Samen, wenn sie gerade vollständig schwarz gefärbt sind. Das Saatgut geht trotz dreimonatiger Lagerung
nicht vollständig in eine Keimruhe über. Eine Gibberellin-Behandlung führte bei frisch geerntetem Saatgut zu keiner Verbesserung der Keimrate. Die Behandlung frisch geernteter Samen als Kaltkeimer stellte sich als negativ heraus. Es kann sogar in Betracht gezogen werden. daß erst eine Kälteeinwirkung auf die Samen eine Keimruhe auslöst.«.

Er fand weiterhin heraus, daß die Keimraten für Aussaaten in der 24. bis 26. Kalenderwoche um die 80 % lagen. Die mittlere Keimzeit lag für Aussaaten zwischen der 21. und 26. Kalenderwoche fast auf gleichem Niveau von durchschnittlich 192 Tagen. Säte man aber erst
in der 38. Kalenderwoche, verkürzte sich die Keimdauer um bis zu 70 Tagen. Die Keimrate sank allerdings knapp unter 50 %.

Herr Seltmann schreibt weiter:

»Mittels weiterer Versuche ist zu klären, ob durch eine längere Lagerung des Saatgutes eine Keimruhe von Helleborus-Saatgut ausgelöst wird, ... und durch welche Faktoren (Kälte, Wärme, Wasserentzug) diese gegebenenfalls bedingt sind. Eine weitere Fragestellung wäre
dann, ob sich durch eine spezielle Lagerung des Saatgutes der Eintritt in die Keimruhe vermeiden oder zumindest verzögern läßt. Außerdem ist zu klären, welches die effizienteste Art der Brechung der Keimruhe ist«.

Ob das Substrat eine Auswirkung auf die Keimung hat, wäre auch eine Frage; ebenso, ob Helleborus Lichtkeimer oder Dunkelkeimer sind. Hoffen wir, daß sich im Institut jemand für die Fortführung der Untersuchungen findet.

Für Helleborusfreunde scheint mir wichtig, daß die Ergebnisse der Untersuchung von Thomas Seltmann über die Keimraten und die mittlere Keimzeit in Abhängigkeit vom Aussaat-Termin durch Eva Augart(3)bestätigt wurden. Diese Kriterien, von mir in einer Grafik zusammengefaßt, zeigen deutlich, daß die Saat von Helleborus-Hybriden spätestens im September, besser im August, ins Saatbeet gebracht werden muß. Interessant ist, daß sich dann die Keimzeit um ca. 60 Tage verkürzt. Eva Augart folgert aus diesem Verhalten, daß die Samen von Helleborus-Hybriden eine Zeit der Nachreife benötigen.

Von der Annahme, daß Helleborus-Hybriden Kaltkeimer sind, kann man sich getrost verabschieden.
Durch tiefe Lagertemperaturen wird das Eintreten der Keimruhe sogar beschleunigt. Bleibt die Frage offen, durch welche Lagerbedingungen (Luftfeuchtigkeit, Temperatur usw.) sich die Keimruhe hinauszögern oder gar vermeiden läßt.

Autor: Harald Berger


(1) Marlene Ahlburg, Helleborus, Ulmer, 1989
(2) Diplomarbeit Thomas Seltmann, in DeGa 3/2000
(3) Diplomarbeit Eva Augart, in DeGa 20/2001

Aussaatanleitung für Helleborus

Eine Schritt für Schritt-Anleitung in Text und Bildern von Dr. Petra Vogt-Werner.

  • Nach der Bestäubung (handpolliniert oder per Biene) gibt man einen Teefilterbeutel um die Blüte, in dem die reifen Samen im Sommer aufgefangen werden. Am besten öfter kontrollieren. Mäuse lieben die Samen und bedienen sich gerne an der portionsgerechten Mahlzeit.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Die Samen sollten so frisch wie möglich gesät werden. Sie müssen noch prall und glänzend braun bis schwarz sein. Trocken gelagertes Saatgut verliert schnell seine Keimfähigkeit. Manchmal keimen die Samen dann eventuell noch sporadisch nach zwei Kühlperioden.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Wenn ich noch keine Zeit zur Aussaat habe, gebe ich den Samen in frische Teefilter, beschrifte mit CD-Marker und halte die Beutel zusammengefaltet gemeinsam in einem Schälchen leicht feucht. Das funktioniert gut für 2 bis 3 Wochen.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Oder ich gebe sie in kleine Plastikbeutel mit etwas angefeuchtetem Vermiculite. In dieser Verpackung kann man die Samen sogar ein paar Monate aufbewahren. Nicht in den Kühlschrank legen, sonst beginnen sie darin nach 6 bis 8 Wochen zu keimen.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Ausgesät wird in 11-er Ecktöpfe, weil sich diese am besten aufräumen lassen. Ich mische die Aussaaterde selbst aus gekaufter Aussaaterde plus Kokohum, leicht gedüngt, plus Strukturgeber wie gebrochenen Blähton (z.B. Liapor) und etwas Sand.
  • Den Topf zu 3/4 füllen, die Samen darauf in etwa 1,5 cm Abstand zueinander mit einer Pinzette hineinsetzen (oder, für weniger pingelige Gärtner, einfach einige Samen einstreuen).
  • Dann noch einen halben Zentimeter Erde darüber geben.
  • Zum Abschluss 1cm Blähton oder Split auffüllen, damit die Erde über den Winter nicht vermoost.
  • Ich stelle die Töpfe schattig hinters Haus, wo Regen und Schnee hinkommen. Bei Trockenheit muss man gießen, damit der Samen nicht austrocknet.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Im Spätwinter erscheinen die ersten Keimblätter, sobald es länger frostfrei bleibt. Sollte nochmals starker Frost drohen, muss man den frischen Keimlingen etwas Schutz mit Vlies geben.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Sobald die ersten richtigen Blätter erscheinen, kann man die Pflänzchen pikieren. Die Wurzeln sind fest und auf eine ziemliche Länge gewachsen. Diese Wurzeln sollte man gut entwirren und etwas einkürzen, damit sie im neuen Topf nicht umgebogen werden müssen.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Die jungen Pflanzen werden einzeln in 9-er Ecktöpfe gesetzt, in Gitterkisten gelagert.
  • Vor dem Winter können die Pflanzen dann bereits an ihren endgültigen Platz im Beet. Die Wurzeln davor wieder gut entwirren, nicht umbiegen, notfalls einkürzen.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

  • Dieser Aufwand lohnt sich vor allem für handpolliniertes Saatgut oder zugekaufte Samen (z.B. Ashwood).
  • Wenn es nicht auf jedes Samenkorn ankommt, so würde ich die Samen einfach schnellstmöglich an Ort und Stelle aussäen, wo man sie eben haben möchte.
  • Eine zweite Möglichkeit ist es, die Samen in ein gut vorbereitetes Extrabeet (bei mir im Hochbeet) zu säen (etwas größeren Abstand wählen) und zwei Jahre zu warten, bevor man die mittlerweile recht großen Pflanzen dann gleich, ohne zu pikieren, an die endgültige Stelle pflanzt.
  • Beim endgültigen Pflanzen in die Gartenerde sollte man grundsätzlich darauf achten, die Wurzeln völlig auszuwaschen und gerade zu richten.
  • Man darf die Wurzeln nicht aufwickeln, wenn das Pflanzloch nicht tief genug sein sollte. Lieber die Wurzeln abschneiden, bis sie gerade nach unten in das Loch passen.
  • So empfiehlt es sich auch bei gekauften Pflanzen zu verfahren. Die Wurzeln werden sonst nicht mehr vernünftig weiter wachsen und nach zwei Jahren hat sich die Pflanze aus ihrem alten Topf-Wurzelgewirr erschöpft und stirbt.

Ein wichtiger Tipp noch:

  • Falls im ersten Frühjahr noch keine oder nur wenige Pflanzen auflaufen, dann die jungen Pflänzchen vorsichtig herauslösen und das Töpfchen noch ein weiteres Jahr draußen stehen lassen.
  • Es besteht berechtigte Hoffnung, dass im zweiten Jahr noch etliche Samen aufgehen.

Düngung:

  • Eigentlich dünge ich in den Aussaattöpfen so gut wie nicht mehr nach. Der Kokohum-Anteil ist ja schon etwas vorgedüngt, wenn man ihn kauft. Das reicht eigentlich für die Sämlinge bis zum zweiten vollständigen Blatt.
  • Wenn ich dann im Frühjahr nicht rechtzeitig pikiere, dann dünge ich (wenn ich dran denke) einmal mit normalem Flüssigdünger für Balkonblumen. Das reicht für meine Zwecke allemal, bin ja kein Erwerbsgärtner und eigentlich immer froh, wenn mir nichts über den Kopf wächst.

Wie lagert man den Samen?

  • Samen kühl, schattig im Haus in einem Plastiktütchen mit feuchtem Vermiculite lagern. Eine paar Monate kann man sie so frisch halten. Nicht im Kühlschrank lagern, weil sie dort sonst nach 6 bis 8 Wochen zu keimen beginnen.
  • Samen, der schon etwas angetrocknet ist, kann man in Teebeutel (gut ist Größe M) packen, mit CD-Marker beschriften und in einem offenen Gefäß aufbewahren, wobei man die Teebeutel immer leicht feucht halten sollte (einfach gelegentlich Wasser drüber geben, überschüssiges Wasser abgießen) bis sie wieder prall und glänzend sind.
  • Samen kann man auch im August noch in vorbereitete Beete säen (nicht zu eng, ein bisschen Luft brauchen sie) und sich selbst überlassen.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

Bei gekauften Pflanzen ist es ganz besonders wichtig, die Wurzeln komplett auszuwaschen und zu entwirren, weil die Wurzeln sonst nicht mehr in die freie Erde wachsen werden. Sie bleiben in der Topfform und erschöpfen sich erfahrungsgemäß nach zwei bis drei Jahren, bis die Pflanze immer kleiner wird und stirbt.

Keine Angst, auch wenn viele feine Haarwurzeln abreißen, aus den fleischigen Wurzeln entstehen bald neue.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

Die Wurzeln müssen in einem tiefen Pflanzloch gerade nach unten gesetzt werden, keinesfalls eindrehen oder umknicken, wenn nötig, eher einkürzen. Bei der Pflanzung unbedingt Blüten verringern, auch wenn es schwer fällt, und keinen Samenansatz zulassen, um die Pflanze nicht zu schwächen. Die Pflanzen dürfen auf keinen Fall zu tief gesetzt werden. Am besten ist es, wenn man den Wurzelansatz gerade noch erahnen kann. Bitte bedenken Sie, dass die Erde im Laufe des ersten Jahres noch nachsinkt.


©2017 Dr.Petra Vogt-Werner

Viel Spaß beim Säen und Pflanzen.

Noch mehr Bilder und Tipps von Dr. Petra Vogt-Werner finden Sie im GdS-Forum.
Diskutieren Sie mit! http://gdsforum.gds-staudenfreunde.de

 

Krankheiten bei Helleborus

Schwarzfleckenkrankheit

Text & Fotos: Julia Meiners und Traud Winkelmann

Die Schwarzfleckenkrankheit ist eine sehr bedeutende Krankheit an Helleborus, die den Zierwert der Pflanze drastisch reduziert. Sie wird durch einen pilzlichen Schaderreger (bisheriger wissenschaftlicher Name: Coniothyrium hellebori) hervorgerufen und wurde bereits an verschiedenen Helleborus-Arten und sowohl in Europa als auch in Nordamerika beschrieben (Pape, 1928). C. hellebori verursacht insbesondere am Endstandort starke Schäden. Die Symptome sind 1 bis 3 cm große, unregelmäßig runde, dunkelbraune bis schwarze Flecken, die an Blüten, Stängeln, Blatträndern und in der Blattmitte auftreten können und z.T. ineinanderfließen, wodurch größere abgestorbene Bereiche entstehen (Abb. 1). Sie treten zuerst im frühen Frühjahr auf und verbreiten sich im Jahresverlauf. Ist der Befall sehr stark, treten ein Vergilben und vorzeitiges Absterben der Blätter ein. Die einzige effektive Maßnahme zur Bekämpfung ist das unmittelbare Entfernen von Blattmaterial, um eine erneute Infektion im Folgejahr zu verhindern. Resistente Helleborus wären eine interessante Möglichkeit, um das Krankheitsvorkommen zu reduzieren. Um resistente Helleborus zu entwickeln, sind detailliertes Wissen über den Krankheitserreger und die Charakterisierung des Pflanzenmaterials im Hinblick auf seine Resistenzeigenschaften notwendig.

Aufbau einer Isolatsammlung
Zur Gewinnung von Kenntnissen über die Schwarzfleckenkrankheit wurde befallenes Blattmaterial an 25 verschiedenen Standorten vornehmlich in Deutschland, aber auch in England, Österreich, der Schweiz, den USA und Kanada gesammelt (Meiners und Winkelmann 2011). Die Betrachtung verschiedener Herkünfte diente dazu, mehr über die Variabilität des Erregers herauszufinden und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ihnen zu bestimmen. In den meisten Fällen waren H. niger und H. × hybridus die Wirtspflanzen. Die Variabilität des Pilzes innerhalb von Herkünften und zwischen ihnen ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung eines Resistenztests an der Pflanze. Für jede Herkunft wurden ausgehend von den Blättern sterile Kulturen auf einem Nährmedium im Labor etabliert. Dies geschah zunächst von den sogenannten Pyknidien (sporentragende Fruchtkörper), die mithilfe eines Mikroskops in den schwarzen Flecken an den Blättern zu erkennen sind (Abb. 2). Sie sind Träger der Sporen (Abb. 3), über die die Krankheit verbreitet wird. Oft waren die daraus auf dem Nährmedium wachsenden Kolonien mit Bakterien oder anderen Pilzen verunreinigt. Deshalb wurden im Anschluss Kulturen aus einzeln isolierten Sporen, die je nach Herkunft 4,1 bis 5,1 μm lang und 2,6 bis 3,0 μm breit waren, gewonnen. Diese Einsporlinien waren die Grundlage für die weiteren morphologischen und molekulargenetischen Untersuchungen.


Abb. 2 - Blattrandnekrose mit konzentrischen Kreisen und Pyknidien (schwarze Punkte) im abgestorbenen grauen Bereich


Abb. 3 - Sporen des Erregers der Schwarzfleckenkrankheit

Morphologie und Pathogenität der verschiedenen Herkünfte
Zunächst wurde ein Experiment zum Vergleich des Myzelwachstums nach Herkünften und zur Ermittlung ihrer optimalen Wachstumsbedingungen bei Temperaturen von 5, 10, 15, 20, 25 und 30 °C auf Tomatenpüree-Agar durchgeführt. Die optimale Temperatur ist für Resistenztests an Pflanzenmaterial wichtig, damit der Erreger gute Entwicklungsbedingungen vorfindet. Ein optimales Myzelwachstum wurde bei einer Temperatur von 20 °C erreicht (Abb. 5) und es schwankte zwischen den Herkünften von 2,4 bis 3,4 mm/24 h. Große Wachstumsunterschiede zwischen den Herkünften waren bei 25 °C zu verzeichnen. Bei 30 °C fand nahezu kein Wachstum mehr statt. Die Farbe des Myzels variierte von Weiß bis Dunkelgrau. Zur Produktion von großen Sporenmengen, die zur Inokulation von Pflanzenmaterial verwendet werden sollten, eignete sich Haferflockenagar am besten. Auf diesem Nährmedium bildeten alle Herkünfte Sporen in größeren Mengen als auf Tomatenpüree-Agar (Abb. 4). Des Weiteren war eine Kultur bei Dunkelheit besser zur Gewinnung von Sporen geeignet als eine bei Licht.
Um sicherzugehen, dass die Symptome der Wirtspflanze tatsächlich auch durch den isolierten Pilz verursacht wurden, wurden je drei H. niger- Jungpflanzen in Töpfen nach Herkünften getrennt voneinander mit einer Sporensuspension beimpft und unter kontrollierten Bedingungen kultiviert. Nach 35 Tagen wurde die Ausprägung der Krankheit anhand der Symptomakkumulation bewertet. Symptome waren kleine schwarze Nekrosen, Absterben des jüngsten Blattes, Läsionen (>0,5 cm²) und Absterben der inokulierten Blätter. Die Symptome waren unterschiedlich stark ausgeprägt, aber es wurden keine Unterschiede zwischen den Herkünften hinsichtlich ihrer Virulenz und Symptomentwicklung sowie -ausprägung festgestellt. Alle Herkünfte waren in der Lage, die Pflanzen zu infizieren, sodass damit der Nachweis erbracht wurde, dass die untersuchten Pilzisolate auch die Erreger der Krankheit waren und die Koch’schen Postulate somit erfüllt waren.


Abb. 4 - Vergleich der Sporenproduktion auf Tomatenpüree-Agar und Haferflockenagar bei 20 Grad C mit unterschiedlicher Belichtung


Abb. 5 - Myzelwachstum auf Tomatenpüree-Agar bei unterschiedlichen Temperaturen

Molekulargenetische Untersuchungen
Nach Abschluss der morphologischen Untersuchungen wurde die Variabilität der Herkünfte auf genetischer Ebene mittels molekularer RAPDMarker (random amplified polymorphic DNA) bestimmt. Insgesamt produzierten 37 RAPD-Primer 394 DNA-Fragmente. Auf Basis von gemeinsamen und unterschiedlichen DNA-Fragmenten wurde mithilfe eines statistischen Verfahrens namens UPGMA (unweighted pair group method with arithmetic mean) ein Phenogramm erstellt, das die Verwandtschaft der Herkünfte visualisierte (Meiners und Winkelmann 2011). Bei der UPGMA-Analyse wurden die Isolate in zwei Gruppen eingeteilt, die nicht nach geografischen oder morphologischen Kriterien geordnet waren, wohl aber nach der Wirtspflanze, von der die Isolate stammten (H. niger bzw. H. × hybridus). Das warf die Frage auf, ob es sich möglicherweise um mehrere Arten oder Unterarten des Pilzes handelt. Um diese Hypothese zu prüfen, wurden die Sequenzen charakteristischer DNA-Abschnitte ribosomaler Gene (ITS = internal transcribed spacer und LSU = large subunit rRNA) ausgewählter Herkünfte beider Gruppen ermittelt. Vergleiche der erhaltenen DNA-Sequenzen verschiedener Herkünfte haben ergeben, dass keine Sequenzunterschiede zwischen den Herkünften der beiden Gruppen vorlagen, es sich also somit um nur eine Art des Erregers handelte.
Anschließend wurde die Sequenz mit denen anderer Pilze in einer Datenbank verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass die genetische Ähnlichkeit zu Pilzen der Gattungen Phoma und Microsphaeropsis größer als zur Gattung Coniothyrium war. Damit gehört der Pilz zur Familie der Didymellaceae, die erst kürzlich beschrieben wurde (de Gruyter et al. 2009), und muss systematisch neu eingeordnet werden. Dafür sind morphologische und weitere Vergleiche von DNA-Abschnitten notwendig.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass jetzt Informationen zur Kultur des Pilzes in vitro und zur Sporenproduktion vorliegen, die wichtig für die Bereitstellung von Material für Resistenztests sind. Sowohl die morphologischen als auch die molekulargenetischen Untersuchungen zeigten eine geringe Variabilität des Erregers, die mit der vorrangigen, wenn nicht ausschließlichen vegetativen Vermehrung zu erklären ist. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die taxonomische Stellung des Erregers zu klären. Die Basis für die Durchführung von Resistenztests ist gelegt, mit denen nun in der Gattung Helleborus nach Resistenzquellen gesucht werden kann.

Danksagung

Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung. Des Weiteren danken die Autoren der Firma Heuger, Glandorf, für das zur Verfügung gestellte Pflanzenmaterial und ihr Dank gilt den Sammlern von Isolaten.

Literatur
de Gruyter, J., Aveskamp, M.M., Woudenberg, J.H.C., Verkley, G.J.M., Groenewald, J.Z., Crous P.W. (2009): Molecular phylogeny of Phoma and allied anamorph genera: towards a reclassification of the Phoma complex. Mycological Research 113: 508–519.

Meiners, J., Winkelmann, T. (2011): Morphological and genetic analyses of hellebore leaf spot disease isolates (Coniothyrium hellebori) from different geographic origins show low variability and reveal molecular evidence for reclassification into Didymellaceae. Journal of Phytopathology 159: 665-675.

Pape, H., (1928): Eine häufige pilzparasitäre Blattfleckenkrankheit der Christrose. Gartenwelt 32:9-10.

 

Helleborus Hybriden

Helleborus Hybriden: Übersicht

Harald Berger (Januar 2018)

Das Wort Hybride geht auf das lateinische hybrida zurück, was Mischling bedeutet. Kreuzt man Individuen verschiedener Gattungen, Arten oder Zuchtlinien, ist das Ergebnis eine Hybride. Zur Kennzeichnung wird das mathematische Malzeichen × verwendet, niemals ein x aus der verwendeten Schrift. Beispiel: H. × ballardiae, nicht H. x ballardiae.

Hybriden können in der Natur entstehen als Nachkommen naher verwandter Arten der gleichen Gattung, sog. Arthybriden. Diese Konstellation kann auch im Gewächshaus vorkommen. Arthybriden werden von Sammlern in der Natur vor allem dort gefunden, wo räumlich zwei Arten aufeinander treffen. Das scheint für Helleborus z.B. in Italien im Appennin zwischen Arezzo und Florenz der Fall zu sein, wo vom Süden H. abruzzicus und von Norden H. liguricus aufeinander treffen. Die Arthybride würde also gekennzeichnet mit H. abruzzicus × H. liguricus.

Die bekannteste Arthybride vom Balkan ist H. ‘Torquatus’.

Zwar gibt es Arten, die so vollkommen sind, dass eine Kreuzung mit einer anderen Art unnötig scheint, wie Helleborus purpurascens, aber die excellenten Eigenschaften der einen Art mit den großartigen Erbmerkmalen einer anderen Art zu verknüpfen lockte von jeher Menschen, ein Individuum besonderer Art entstehen zu lassen. Gründe dafür gibt es reichlich.

Bei Helleborus stand zunächst Helleborus niger im Focus, weil diese für Gärtner zur Weihnachtszeit einen wesentlichen Umsatz bringt. Es zeigte sich, dass H. niger mit den caulescenten Helleborus argutifolius (ex. H. corsicus) und Helleborus lividus kreuzbar ist. Insbesondere Robin White und Sir Frederick Stern sind als Züchter zu nennen. Da es unpraktisch ist, jeweils die beiden Kreuzungspartner zu nennen, hat man für jede Paarung einen Sammelnamen kreiert (ICNPC, Artikel 15):

H. × ballardiae              H. lividus × H. niger (syn. H. × nigerliv)

H. × ericsmithii             H. × sternii × H. niger

H. × nigercors               H. argutifolius × H. niger

H. × sternii                    H. lividus × H. argutifolius

Kreuzungen zwischen Acaulescenten, den nicht stammbildenden Helleborus, wurden anfangs oft mit Beteiligung von Helleborus orientalis durchgeführt, weshalb die Kreuzungen dieser Gruppe als Helleborus × orientalis bezeichnet wurden. Da aber für die meisten Kreuzungen gar nicht mehr H. orientalis verwendet wird, war diese Bezeichnung inkorrekt und wurde durch Helleborus × hybridus ersetzt. Bis heute sind nachstehende Hybriden unter ihrem Sammelnamen bekannt:

H. × belcheri                 H. niger × H.thibetanus

H. × dives                      H. guttatus × H. purpurascens

H. × fissus                     H. orientalis × H. multifidus

H. × glandorfii              H. niger × H. atrorubens

H. × jourdanii               H. niger × H. viridis

H. × lemmonieriae      H. foetidus × H. abchasicus

H. × sahinii                    H. niger × H. foetidus

H. × viridescens            H. viridis × H. abchasicus

In letzter Zeit gelangen Kreuzungen zwischen den caulescenten und den acaulescenten Helleborus, an die früher nicht zu denken war; auch mit H. foetidus.

Einige sind im Labor entstanden.

Von mehreren der Angeführten sind viele Sorten entstanden und auch in Gärtnereien erhältlich, nicht nur beim Spezialisten.

 

Helleborus: Christrose, Lenzrose und Co – Verwandtschaftsbeziehungen in der Gattung und neue Arthybriden

Text & Fotos: Julia Meiners und Traud Winkelmann

Die Gattung Helleborus gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) und umfasst nach dem heutigen Stand 22 Arten, die natürlicherweise in Europa und mit jeweils einer Art auch in Syrien und in Ostasien verbreitet sind. Es handelt sich um krautartige Stauden, die ein Rhizom als Überdauerungsorgan ausbilden. Insbesondere im Winter und frühen Frühjahr erfreuen uns Helleborus durch ihr Spektrum an Blütenfarben und -formen und ihre immergrünen Blätter. Aus züchterischer Sicht ist eine Kombination von Merkmalen unterschiedlicher Arten wünschenswert. Interessante Merkmale sind z. B. Wuchstyp, Blütenfarbe, Blütengröße, Blattform oder Krankheitsresistenz (Meiners und Winkelmann, 2012). Die bekanntesten und wirtschaftlich bedeutendsten Helleborus-Arten sind die Christrose (Helleborus niger) und die Lenzrose (Helleborus orientalis bzw. Helleborus × hybridus für Hybriden zwischen allen nicht stammbildenden Arten), letztere sind auch als Orientalis-Hybriden bekannt. Helleborus werden hauptsächlich über Samen und in vitro vermehrt. Eine Vermehrung durch Teilung ist ebenfalls möglich, hat aber wirtschaftlich keine Bedeutung. Ziel der hier vorgestellten Arbeiten war es, die Verwandtschaftsbeziehungen in der Gattung Helleborus molekulargenetisch zu analysieren und diese als Basis für die Gewinnung neuer Arthybriden zu nutzen.

Botanik, Morphologie und Taxonomie
Anhand der Morphologie werden innerhalb der Gattung verschiedene Wuchstypen definiert: caulescente (= stammbildende) und acaulescente (= nicht stammbildende) Arten. Zu den caulescenten Arten gehören H. argutifolius, H. lividus und H. foetidus. Sie zeichnen sich durch robuste Stängel, von denen die Blätter und eine große terminale Infloreszenz mit vielen Einzelblüten ausgehen, und ein weniger stark ausgebildetes Rhizom aus. Arten mit acaulescentem Wuchs bilden unterirdische Rhizome, aus denen basale Blätter sowie blattlose Blütenstängel mit blattähnlichen Hochblättern und relativ wenigen Blüten pro Blütenstiel austreiben. Dazu gehören H. abruzzicus, H. atrorubens, H. bocconei, H. croaticus, H. cyclophyllus, H. dumetorum, H. hercegovinus, H. istriacus, H. liguricus, H. multifidus, H. occidentalis, H. odorus, H. purpurascens, H. torquatus und H. viridis. Die Arten H. niger, H. thibetanus und H. vesicarius stellen Zwischenformen dar, weil sie sich keinem dieser Wuchstypen eindeutig zuordnen lassen.

Diese einfache Gruppierung der Pflanzen anhand ihrer Stammbildung wurde um weitere morphologische Kriterien erweitert, um auch taxonomischen Ansprüchen zu genügen. Neben dem Wuchstyp dienen auch die Fähigkeit zur Hybridisierung, die Pollenmorphologie und Sameneigenschaften zur Klassifikation der Gattung. Anhand dieser Merkmale wurden Helleborus-Arten sechs Sektionen zugeordnet (Mathew, 1989). Vier Sektionen umfassen jeweils nur eine Art (Abb. 1; zu Sektion Helleborastrum gehören neben den in Abb. 1 dargestellten Arten noch die folgenden: H. bocconei, H. istriacus und H. occidentalis).


Abb.1: Verwandtschaftsbeziehungen in der Gattung Helleborus erstellt mithilfe molekularer AFLP-Marker

Molekulargenetische Untersuchungen zur Verwandtschaft der Arten
Die sektionale Einteilung der Gattung beschreibt sehr eindeutig die morphologischen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Arten. Dass die Kreuzung schon von verschiedenen Arten einer Sektion, aber umso mehr von Arten verschiedener Sektionen mit unterschiedlichen morphologischen Eigenschaften problematisch sein kann, erscheint naheliegend. Jedoch gibt es bereits Helleborus-Hybriden zwischen Arten unterschiedlicher Sektionen, z. B. H. × ballardiae (H. niger × H. lividus) und H. × nigercors (H. niger × H. argutifolius), die morphologische Merkmale beider Eltern aufweisen. Weder Art- noch Sektionsgrenzen stellen bei Helleborus damit eindeutige Hybridisierungsbarrieren dar. Es stellt sich die Frage, ob sich die morphologischen Beziehungen der Arten auch genetisch widerspiegeln und ob sich auf genetischer Ebene eine Grenze der Hybridisierungsfähigkeit beschreiben lässt. Aus züchterischer Sicht wäre wie eingangs erwähnt die Überwindung der Barrieren von Interesse, um erwünschte Eigenschaften verschiedener Arten kombinieren zu können.

Zur Untersuchung der genetischen Beziehungen der Helleborus-Arten wurden eine Art molekularer Marker, die sogenannten AFLPs (amplified fragment length polymorphisms), verwendet. Dabei wurde isolierte DNA von 19 verschiedenen Helleborus-Arten eingesetzt. Mittels der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) wurden spezifische DNA-Fragmente (AFLPs) amplifiziert. Diese Fragmente unterschieden sich in ihrer Länge und konnten in einem Gel der Länge nach aufgetrennt werden, um ein Bandenmuster, vergleichbar mit einem Fingerabdruck, zu generieren. Stimmten die Längen der DNA-Fragmente verschiedener Arten überein, stellte das eine Gemeinsamkeit dar. Ebenso gab es auch Unterschiede, wenn eine Art ein DNA-Fragment bestimmter Länge hatte und beliebig viele andere Arten dieses Fragment nicht zeigten. Auf diese Weise wurden insgesamt 1109 DNA-Fragmente unterschiedlicher Länge ausgewertet, um die Verwandtschaft der Helleborus-Arten auf genetischer Ebene abzubilden. Auf der Basis dieser 1109 Fragmente wurden zwischen den Arten paarweise genetische Distanzen errechnet, die ihre Beziehung zueinander abbilden. Je kleiner die genetische Distanz ist, die einen Wert zwischen 0 und 1 haben kann, desto ähnlicher sind sich die Arten.

Mithilfe aller paarweisen genetischen Distanzen wurde nach einem statistischen Verfahren namens Neighbor Joining ein Phenogramm (Abb. 1, Meiners et al., 2011) erstellt. Das Phenogramm ist eine Art Stammbaum und bildet auf der Basis von Gemeinsamkeiten und Unterschieden die genetischen Beziehungen der Arten untereinander ab. Hierbei waren die sechs Sektionen, die aufgrund morphologischer Kriterien definiert wurden, wiederzuerkennen, d. h. Arten der gleichen Sektionen wurden nebeneinander positioniert und durch eine Gabelung von den anderen Sektionen abgegrenzt. Die AFLP-Marker bestätigten somit die Einteilung der Gattung Helleborus und die sechs Sektionen in ihrer Zahl. Zusätzlich ließen sich anhand der paarweisen genetischen Distanzen weitere Rückschlüsse bezüglich der Verwandtschaft der Arten ziehen. Wie erwartet waren die genetischen Distanzen zwischen Arten innerhalb von Sektionen (0,034 bis 0,195) kleiner als die zwischen Arten unterschiedlicher Sektionen (0,160-0,330). Innerhalb der Sektion Helleborastrum wiesen jedoch unterschiedliche Arten teilweise eine kleinere genetische Distanz auf (z. B. H. torquatus und H. cyclophyllus mit 0,034) als zwei Genotypen der gleichen Art (z. B. von H. odorus mit 0,085). Der Bereich, in dem sich die genetischen Distanzen zwischen Arten derselben und unterschiedlicher Sektionen überlappen, zeigt Diskrepanzen zwischen Morphologie und Genetik auf: Morphologisch sind diese Arten voneinander abgrenzbar. Anhand ihrer genetischen Distanz ist ihr Unterschied allerdings mit dem von Individuen derselben Art vergleichbar. Möglicherweise stellt die genetische Distanz damit einen Indikator für die Hybridisierungsfähigkeit zwischen Arten dar, da wie oben erwähnten Hybridisierungen zwischen Arten unterschiedlicher Sektionen bereits erfolgreich waren. Um diese Hypothese zu prüfen, wurden Kreuzungen zwischen Arten durchgeführt. Zum einen wurde dabei untersucht, ob es überhaupt zu einer Befruchtung nach der Bestäubung mit Fremdpollen kommt. Zum anderen musste, wenn eine Befruchtung erfolgte, sichergestellt werden, dass der Embryo nicht aufgrund genetischer Unterschiede der Elternarten, die zu einem Abbau des Nährgewebes (Endosperms) führen können, abstirbt.


Abb.2: Querschnitt eines Helleborus-Fruchtblatts. Pollenschläuche werden durch Pfeile markiert.

Ermittlung von Kreuzungsbarrieren
Hybridisierungsbarrieren können vor oder nach der Befruchtung auftreten. Treten sie vorher auf, wachsen die Pollenschläuche gar nicht ins Narbengewebe ein oder das Pollenschlauchwachstum stoppt von der Narbe bis hin zur Samenanlage an irgendeiner Stelle. Das Pollenschlauchwachstum im Griffelgewebe lässt sich mikroskopisch untersuchen. Dafür wurden nach der Bestäubung einer Blüte die Fruchtblätter entfernt, fixiert, und mit dem Farbstoff Anilinblau wurden die Pollenschläuche gefärbt. Mithilfe eines Fluoreszenzmikroskops ließ sich dann ermitteln, ob die Pollenschläuche in den Griffel eingewachsen waren, wie weit sie gewachsen waren und ob sie die Samenanlagen erreichten (Abb. 2). Sowohl Kreuzungen innerhalb einer Art (intraspezifisch) als auch zwischen unterschiedlichen Helleborus-Arten (interspezifisch) wurden zur Bonitur des Pollenschlauchwachstums durchgeführt und untersucht. Hierbei wurde der Befruchtungszeitpunkt auf einen Zeitraum zwischen 48 und 72 Stunden nach der Bestäubung eingegrenzt durch die Zeit, die die Pollenschläuche benötigten, um die Samenanlagen zu erreichen. Daraufhin wurden insgesamt 44 Kreuzungskombinationen unterschiedlicher Helleborus-Arten ab 72 Stunden nach der Bestäubung untersucht, wobei Kombinationen der Arten H. niger, H. foetidus, H. × hybridus und H. odorus oder H. × hybridus in größeren Zahlen untersucht wurden. Allgemein traten bei Kreuzungen zwischen Arten gleicher Sektion keine Barrieren des Pollenschlauchwachstums auf. Ebenso erreichten die Pollenschläuche in Fruchtblättern der Kreuzungen zwischen H. niger und Arten der Sektion Helleborastrum, zu der auch H. × hybridus gehört, die Samenanlagen. In Kreuzungen zwischen H. foetidus und Vertretern der Sektion Helleborastrum oder H. niger war das Pollenschlauchwachstum gehemmt und wurde in einigen Fällen bereits in der oberen Griffelhälfte eingestellt, aber auch in diesen Kreuzungen erreichten in einigen der untersuchten Fruchtblätter die Pollenschläuche die Samenanlagen. Somit konnte auch in dieser Kombination eine Befruchtung stattgefunden haben. Bei 39 aller untersuchten Kombinationen wurden Pollenschläuche im Bereich der Samenanlagen in mindestens einem Fruchtblatt gefunden, sodass eine Befruchtung möglich war.


Abb.3: Embryo Rescue mit Samenanlagen aus der Kreuzung H. niger - H. lividus

Überwindung von Kreuzungsbarrieren
Da sich bei einigen interspezifischen Kreuzungen bei Helleborus kein funktionsfähiger Samen entwickelte, obwohl eine Befruchtung als sehr wahrscheinlich galt, lag die Vermutung nahe, dass nach der erfolgten Befruchtung Kreuzungsbarrieren auftraten. Diese Barrieren führten zum Absterben des Embryos und die Samenentwicklung wurde gestoppt. Mithilfe der sogenannten Embryo-Rescue- Technik können diese Barrieren überwunden werden. Hierbei werden ganze Fruchtblätter oder Fruchtknoten, Samenanlagen oder einzelne Embryonen nach der Befruchtung isoliert und in vitro auf einem Nährmedium weiterkultiviert. Das Nährmedium dient der Versorgung des Embryos und übernimmt die Funktion des mütterlichen Nährgewebes. Ist die Embryo-Rescue-Technik erfolgreich, entwickelt sich der Embryo weiter und keimt. Mit dem Ziel, interspezifische Hybriden zu erzeugen, wurde diese Technik auch bei Kreuzungen zwischen Helleborus-Arten eingesetzt. Dafür wurden Kreuzungen zwischen folgenden 13 Helleborus-Arten je nach Verfügbarkeit von Blüten durchgeführt: H. argutifolius und H. lividus (Sektion Chenopus), H. atrorubens, H. croaticus, H. cyclophyllus, H. dumetorum, H. × hybridus, H. multifidus, H. odorus, H. purpurascens und H. torquatus (Sektion Helleborastrum), H. foetidus (Sektion Griphopus) und H. niger (Sektion Helleborus). Die Versuche wurden über zwei Kreuzungsperioden hinweg durchgeführt. Insgesamt wurden 661 Blüten bestäubt. Diese Blüten teilten sich auf 60 unterschiedliche interspezifische Kreuzungskombinationen auf. Für 35 dieser Kombinationen wurden Arten unterschiedlicher Sektionen miteinander gekreuzt. Aus den Fruchtblättern der Blüten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten von der Mutterpflanze geerntet worden waren, wurden insgesamt 40 885 Samenanlagen in vitro kultiviert (Tab. 1). Während der In-vitro-Kultur wurden die Samenanlagen dunkel und entweder bei konstanter Temperatur (24 °C) oder bei wechselnden Temperaturen (20 °C und 4 °C und wieder 20 °C) kultiviert. Bei der abschließenden Bonitur der Samenanlagen wurden die gekeimten Samenanlagen gezählt und weiterkultiviert und die übrigen Samenanlagen auf ihre Beschaffenheit hin begutachtet. Insgesamt hatten sich 3871 der 40 885 Samenanlagen im Laufe der Kultur stark vergrößert und hatten rein visuell die Form eines Samens (Abb. 3, eingekreist). Alle übrigen Samenanlagen waren sehr klein oder vergrößert, aber eingetrocknet. Diese Samenanlagen waren vermutlich zum einen unbefruchtet, und zum anderen war der Absterbeprozess des Embryos schon vor der Ernte von der Mutterpflanze eingeleitet worden.

Von den 3871 nicht abortierten Samenanlagen, die aus 18 unterschiedlichen Kreuzungskombinationen stammten, war bei 219 eine Keimung zu beobachten und 192 Hybriden, die aus 16 Kreuzungskombinationen hervorgegangen waren, wurden erfolgreich weiterkultiviert (Tab. 1). Ein Großteil der Hybriden waren Nachkommen aus Kreuzungen zwischen Arten, die zur gleichen Sektion gehören: 97 stammten aus Kreuzungen zwischen H. argutifolius und H. lividus (genetische Distanz = 0,069) und 106 aus Kreuzungen zwischen Arten der Sektion Helleborastrum (genetische Distanz = 0,081-0,141). Allerdings gab es auch 16 Nachkommen aus Kreuzungen zwischen Arten verschiedener Sektionen, die im Vergleich zu den Elternarten der anderen Kreuzungen größere genetische Distanzen zueinander haben: eine Pflanze aus der Kreuzung H. × hybridus × H. argutifolius (genetische Distanz = 0,255), zwei Hybriden von H. foetidus × H. argutifolius (genetische Distanz = 0,241) und 13 Nachkommen aus der Kreuzung von H. × hybridus × H. niger (genetische Distanz = 0,264), von denen sich neun weiterentwickelten und überlebten. Diese drei intersektionalen Hybriden wurden ins Gewächshaus überführt und werden zukünftig morphologisch im Vergleich zu den Elternarten untersucht. Vertreter aller Hybriden wurden molekular mittels RAPD-Markern (random amplified polymophic DNA) untersucht und in 155 von 157 geprüften Fällen bestätigt. Die genetische Distanz erwies sich als Indikator für die Realisierbarkeit der Hybridisierungen. Einige Kreuzungen mit größerer genetischer Distanz zwischen den Elternarten waren schwieriger realisierbar und mussten in größerem Umfang als andere Kreuzungen durchgeführt werden, um Hybridnachkommen zu liefern. Neben der genetischen Distanz der Elternarten beeinflussen natürlich noch andere Faktoren den Erfolg der Embryo-Rescue-Kultur, z. B. die Zusammensetzung des Nährmediums oder die Kulturbedingungen während der Mutterpflanzenkultur.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass mithilfe molekularer Marker die Gattungsstruktur bei Helleborus bestätigt werden konnte, dass die genetischen Distanzen Anhaltspunkte für die Realisierbarkeit von Artkreuzungen liefern und dass die Embryo-Rescue-Technik erstmals erfolgreich eingesetzt wurde, um Kreuzungsbarrieren zwischen Helleborus-Arten zu überwinden und zu neuen, bisher unbeschriebenen, Hybriden geführt hat. Deren gärtnerische Eigenschaften und ihre Fertilität müssen in nachfolgenden Untersuchungen geprüft werden, um den Wert für die Züchtung einschätzen zu können.


Tabelle 1

Danksagung
Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung. Dank gilt der Firma Heuger, Glandorf, für das zur Verfügung gestellte Pflanzenmaterial.
Literatur
Mathew, B. (1989): Hellebores, Woking: Alpine Garden Society Publications

Meiners, J., Debener, T., Schweizer, G., Winkelmann, T. (2011): Analysis of the taxonomic subdivision within the genus Helleborus by nuclear DNA content and genome-wide DNA markers, Scientia Horticulturae 128: 38-47

Meiners, J., Winkelmann, T. (2012): Evaluation of reproductive barriers and realisation of interspecific hybridisations depending on the genetic distances between species in the genus Helleborus, Plant Biology, in press

 

 

Veranstaltungen

Für Ihre Auswahl gibt es leider keine Veranstaltungen.